Begriffe und KonzepteGlossar

Beeinträchtigung

Disability Studies unterscheiden zwischen Beeinträchtigung und Behinderung: Die Beeinträchtigung ist die körperliche Seite der Behinderung – das fehlende Bein oder die fehlende Sehkraft, die chronische Krankheit. Bei „Behinderung“ kommt eine soziale Dimension dazu – Barrieren behindern und schließen aus, was die Beeinträchtigung oft erst zum Problem macht.

Behinderung

Es gibt verschiedene Verständnisse von Behinderung.

Das medizinische Modell Behinderung geht von der Norm eines gesunden menschlichen Körpers ohne Beeinträchtigungen aus. Ein behinderter Mensch entspricht nicht dieser medizinischen Vorstellung eines gesunden funktionellen Körpers.

Das soziale Modell entstand als Reaktion auf das medizinische Modell aus der Aktivist*innenbewegung und steht im Mittelpunkt des Fachs Disability studies. Der Fokus liegt hier nicht auf individuelle Beeinträchtigungen, sondern die Behinderung, also die systematische Ausgrenzung und Benachteiligung, die durch die Gesellschaft daraus folgt.

Kulturelles Modell
Dieses Modell untersucht Behinderung als kultur-historisches Phänomen von Ausgrenzungsprozessen, die durch kultur-spezifische Deutungen von Fremdheit und Norm entstanden.

Das Sozialgesetzbuch definiert Behinderung so: „Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.“ (§2 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB IX))

Disability Studies

Interdisziplinäres Forschungsfeld, das Behinderung als sozial-historisch und kulturell konstruiert begreift und die Thematik sozial- und kulturwissenschaftlich erforscht. Die Entwicklung des Disability Studies wurde maßgeblich von der aktivistischen Behindertenbewegung in den USA und GB geprägt.

Ableism / Ableismus / Behindertenfeindlichkeit

Diese Begriffe beschreiben die Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten durch abwertende Sprache, herabwürdigendes Verhalten oder Ausschluss.

Behinderter Mensch, Mensch mit Behinderung

Für viele Menschen mit Behinderung sind die Worte „behindert“ und „Behinderung“ neutrale Begriffe. Entscheidend ist, von „behinderten Menschen“ oder „Menschen mit Behinderung“ zu sprechen, denn „der oder die Behinderte“ allein reduziert die Person auf das eine Merkmal und imaginiert das Klischee einer homogenen Gruppe von „Behinderten“, anstatt deren Individualität und Vielfalt wahrzunehmen.

Chronische Krankheit

Eine chronische Krankheit ist eine länger andauernde, schwer heilbare oder unheilbare Krankheit, die oft wiederkehrende medizinische Behandlungen benötigt. Dazu gehören etwa Epilepsie, Allergien, rheumatische Erkrankungen, Darmerkrankungen, Diabetes, Lungenerkrankungen oder Multiple Sklerose sowie auch beispielsweise AD(H)S, Autismus, Legasthenie oder Depressionen. Behinderte Menschen sind nicht krank, aus chronischen Krankheiten können aber Beeinträchtigungen entstehen, die in vielen Fällen zu Behinderungen führen.

Barrierefreiheit / Barrierearmut

Barrierefreiheit verfolgt das Ziel eine Umgebung zu schaffen, in der Menschen mit Behinderungen im Freizeit, Arbeit und Gesellschaft selbstbestimmt teilhaben können. Dazu müssen bauliche, kommunikative und gerade auch an der Universität didaktische und digitale Barriere abgebaut werden. Da eine völlige Barrierefreiheit kaum zu erreichen ist, wird mittlerweile öfter von Barrierearmut gesprochen.

Nachteilsausgleich

Studierende mit Behinderungen und chronischen Krankheiten haben  nach dem Landeshochschulgesetz BW Anspruch auf Nachteilsausgleich. Ziel davon ist es, aus der individuellen Beeinträchtigung resultierende Nachteile auszugleichen und durch angepasste Rahmenbedingungen, etwa bei Prüfungsleistungen, Chancengerechtigkeit herzustellen. Wie ein Nachteilsausgleich im konkreten Fall aussehen kann, hängt daher maßgeblich von den individuellen Beeinträchtigungen und den daraus entstehenden Nachteilen ab. Möglichkeiten eines Nachteilsausgleiches sind zum Beispiel: Prüfungszeitverlängerungen, z. B. Verlängerung der Bearbeitungszeit, technische Hilfsmittel, z. B. Benutzung eines Computers als Schreibhilfe, Prüfungsassistenz, z. B. Schreibkraft, Änderung einer schriftlichen in eine mündliche Prüfung oder umgekehrt oder Nutzung eines extra Prüfungsraumes unter Aufsicht.

Disability mainstreaming

Das Querschnitts-Konzept „Disability Mainstreaming“ fußt auf der UN-Konvention zur Förderung und zum Schutz der Rechte und Würde von Menschen mit Behinderungen von 2006 und verfolgt nach dem Vorbild des „Gender Mainstreaming“ ein Miteinbeziehen und Berücksichtigen der Belange von Menschen mit Behinderungen in allen politischen Entscheidungsprozessen mit dem Ziel der Gleichstellung und Partizipation von behinderten und chronisch kranken Menschen.